Pflegeroboter in der Altenpflege
Die Altenpflege in Deutschland steht vor einer großen Herausforderung: Einer immer älter werdenden Gesellschaft stehen immer weniger ausgebildete Pflegekräfte gegenüber. Die chronisch unterbesetzten Heime und Einrichtungen platzen aus allen Nähten. Unter der hohen Belastung in der Altenpflege leiden nicht nur die stark unter Druck stehenden Mitarbeiter, sondern im nächsten Schritt auch die Bewohner, da die Qualität der Pflege mit dem steigenden Aufwand stetig abnimmt. Eine mögliche Lösung sehen Medizintechniker im sogenannten Pflegeroboter. Dieser kann, wie in industriellen Produktionsstätten, für die Erledigung der in der Pflege anfallenden Arbeiten konstruiert und programmiert werden. Laut einer Studie können sich einige Deutsche dabei durchaus damit anfreunden, in Zukunft von einer Maschine betreut zu werden.
So kommt eine Studie des Bundesministeriums für Bildung und Forschung aus dem Jahr 2015 zu dem Ergebnis, dass mehr als ein Viertel aller Bundesbürger sich vorstellen können, im Alter von einem Roboter gepflegt zu werden. Für die Optimierung des menschlichen Körpers, wie etwa durch Implantate für eine bessere Gedächtnisleistung, spricht sich sogar knapp mehr als die Hälfte der Befragten aus. Besonders hoch ist der Zuspruch bei jungen Leuten. Unter den 14- bis 19-Jährigen hält das sogar eine Mehrheit von 62,3 Prozent für eine gute Idee. So verschmelzen Mensch und Technik immer weiter.
Tatsächlich existieren bereits die ersten Prototypen von Pflegerobotern, die in Einrichtungen getestet werden oder täglich zum Einsatz kommen. Die meisten von ihnen können dabei helfen, alltägliche Arbeiten zu übernehmen, die Patienten und Bewohner zu lagern oder vom Bett in einen Rollstuhl zu heben. Aber es gibt auch Roboter wie Pepper. Die 1,20 Meter große und 29 Kilogramm schwere Maschine wird derzeit in der Uniklinik in Halle getestet. Peppers Aufgabe liegt eher in einem Bereich, den Maschinen naturgemäß wohl nie so gut erledigen können wie Menschen: Dem zwischenmenschlichen Bereich. Der kleine Roboter mit dem freundlichen Gesicht soll mit Menschen interagieren, kann einfache Sätze verstehen, Sprache wiedergeben, Blickkontakt herstellen und Gesichter erkennen. Beim Arbeitsalltag helfen kann er allerdings nicht. „Wir dachten erst, Pepper kann schon greifen und Hol- und Bringdienste erledigen oder putzen und den Staubsauger führen. Das kann er alles nicht. Die Hände sind wirklich nur zur Stabilisierung beim Fahren und zum Gestikulieren da.“, fasst Dr. Karsten Schwarz von der Uniklinik Halle in einem Bericht vom MDR zusammen.
Mehr Funktionen bietet da der Care-O-bot 4, der von Fraunhofer IPA entwickelt wurde. Mit langen Armen und einem Hüftgelenk ausgestattet, kann er Gegenstände greifen, die in einem hohen Regal oder auf dem Boden liegen. Außerdem kann er, wie zum Beispiel auch der Serviceroboter Casero, als selbstständiges und frei navigierendes Transportfahrzeug genutzt werden. So versorgen die Maschinen die Patienten wahlweise mit Mahlzeiten und Getränken, bringen Medikamente und Krankenakten von einer Station in die andere oder benutztes Bettzeug in die Wäscherei. Trotzdem ist der flächendeckende Einsatz in den Einrichtungen bislang noch Utopie.
Im Mutterland der Robotik ist man da schon einen Schritt weiter. Und das aus gutem Grund: In Japan ist der demografische Wandel noch stärker ausgeprägt als beispielsweise in Deutschland. Man geht nach aktuellen Schätzungen davon aus, dass dort bis 2025 etwa eine Million Pflegekräfte fehlen werden, um die alternde Gesellschaft versorgen zu können. Deshalb werden bereits verstärkt Roboter in Altenheimen eingesetzt. Sie können Notfälle erkennen und kommunizieren, schmutzige Wäsche oder Getränke transportieren oder bei der Lagerung der Heimbewohner helfen. So bleibt den menschlichen Pflegekräften mehr Zeit für die Betreuung der Klienten. Der Umfang der von den Pflegerobotern übernommenen Aufgaben soll aber mit den kommenden Neuentwicklungen immer weiter steigen.
Professor Ryosuke Tasaki arbeitet an der Technischen Universität Toyohashi am Pflegeroboter Terapio. Dieses Modell soll den Chefarzt bei der Visite unterstützen. Terapio folgt dabei nicht nur dem Doktor von Krankenbett zu Krankenbett, sondern erkennt Patienten an ihrem Gesicht und lädt automatisch die entsprechende Krankenakte. Auf dem Display werden EKG, Blutdruck und verschiedene Werte angezeigt, in einem Fach befinden sich Verbandszeug und Medikamente. So übernimmt Terapio nicht die Aufgaben der Ärzte, sondern arbeitet ihnen zu. „Wenn ich ein Krankenhausmanager wäre, würde ich als Erstes eine Liste machen: alle Arbeitsbereiche zwischen Menschen und Robotern aufteilen.“, erklärt Prof. Tasaki in einem Gespräch mit der Zeit. „Schweres Heben und das Speichern von Informationen sollte komplett Robotern überlassen werden. Menschen machen zu viele Fehler oder schaden sich sogar selbst. Die psychologischen Komponenten der Pflege sollten dagegen eher menschliche Pflegekräfte leisten.“, so der 33-jährige Professor weiter.
Eine weitere Entwicklung aus dem Land der aufgehenden Sonne ist Robear. Der Roboter, dessen Äußeres einem Bären nachempfunden wurde, hilft dabei, Patienten vom Bett in einen Rollstuhl zu heben. Auf der anderen Seite des Spektrums existieren aber auch Modelle, die einen ganz anderen Zweck verfolgen. Paro beispielsweise wurde von seinem Erfinder Takanori Shibata vom japanischen National Institute of Advanced Industrial Science and Technology sozial programmiert und mit Sensortechnik ausgestattet. Der Roboter sieht aus wie eine kleine Seerobbe und reagiert auf Berührungen wie Streicheln mit Bewegungen und Mimik. So kann Paro speziell trainierte Hunde ersetzen und demenzkranke Patienten oder autistische Kinder für die Pfleger ansprechbar machen. Damit hat die kleine Robbe durchaus auch einen potenziellen therapeutischen Nutzen, den die meisten anderen Roboter nicht vorweisen können.
So sind die zwei Anwendungsbereiche, in denen Pflegeroboter zum Einsatz kommen können, in die praktische, physische Hilfe und die soziale, therapeutische Hilfe einzuteilen. Kombiniert werden die zwei Aspekte bislang nur von wenigen Modellen.
Das größte Problem ist bislang aber noch das Preis-Leistungs-Verhältnis. Die Kosten für Entwicklung und Konstruktion der Pflegeroboter stehen bislang oft in keinem Verhältnis zum tatsächlichen Nutzen vor Ort. Zwar sind kleinere Maschinen wie Pepper mit einem Preis von rund 2.000 US-Dollar bezahlbar, können den Fachkräften aber keine Arbeit abnehmen. Funktionale Modelle wie Care-O-bot oder Casero können die Angestellten zwar entlasten, sind aber auch ungleich teurer. So soll der Preis für Casero, nach Angaben eines in der Welt zitierten Mitarbeiters einer Einrichtung, in der der Roboter getestet wurde, dem eines Mittelklassewagens entsprechen. Somit ist die Anschaffung für die meisten Privathaushalte nicht nur unmöglich, sondern auch nicht wirtschaftlich. Für Pflegeeinrichtungen kann sich eine solche Anschaffung zwar mit der Zeit amortisieren, die Kosten Kosten für ein Altenheim werden dadurch aber in absehbarer Zukunft nicht sinken.
Trotzdem liegt eine große Chance in der Installation von Pflegerobotern in Seniorenheimen. Ein großer Teil der Arbeitszeit der Pflegerinnen und Pfleger geht bei der Gabe von Mahlzeiten, Medikamenten oder dem Transport von Wäsche verloren. Wenn diese Arbeit von Pflegerobotern übernommen wird, bleibt mehr Zeit für den persönlichen Kontakt zu den Heimbewohnern. So können die Einrichtungen nicht nur mittelfristig Geld sparen. Die Qualität der Pflege kann auch verbessert werden, da die Fachkräfte sich wieder auf ihre Arbeit konzentrieren können. Denn in diesem Bereich der Kranken- und Altenpflege sind die Betreuerinnen und Betreuer absolut unersetzbar.
Hier zeigen sich nämlich die größten Schwachstellen der Pflegeroboter. Zum einen können sie vielleicht kleine Teilarbeiten übernehmen, bis es aber ein Modell gibt, dass alle Tätigkeiten einer Pflegekraft zufriedenstellend ausführen kann, wird es noch einige Zeit dauern. Zum anderen ist es nahezu undenkbar, dass ein Roboter in der Gesundheit, Pflege oder der sozialen Arbeit jemals die Vorzüge einer persönlichen und empathischen Betreuung ersetzen können wird.
Das zeigt auch das Feedback vieler Heimbewohner, in deren Einrichtungen die Pflegeroboter getestet wurden. Die Bewohner sind den sozialen Kontakt gewohnt und möchten sich teilweise nur sehr ungern von einer Maschine bedienen oder helfen lassen. Und das ist ja auch verständlich: Wer in einem Pflegeheim in fremdem Umfeld wohnt, legt großen Wert auf menschliche Interaktion und vertraute Gesichter. Somit ist es mindestens mittelfristig nötig, eine qualitative und bezahlbare Alternative zu den überlasteten Pflegeheimen zu finden.
Wer auf umfassende und professionelle Pflegedienstleistungen genauso wenig verzichten möchte, wie auf zwischenmenschliche Interaktion, bekommt mit der 24h-Betreuung eine gute und vor allem kostengünstige Alternative zu einem Platz im Seniorenheim. Hier übernehmen Pflegekräfte aus Osteuropa die Grundpflege, helfen im Haushalt und bei der Mobilisierung. Da sie für mehrere Monate in der Wohnung Ihres Angehörigen mit einziehen, kommt meist automatisch mit der Zeit ein persönliches Vertrauensverhältnis zustande. Außerdem können die Senioren so in den eigenen vier Wänden verbleiben und müssen sich nicht auf ein komplett neues und fremdes Umfeld einstellen.
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